Das grundlegende Ziel der Therapie besteht oft im bloßen Überleben. Es geht nicht mehr darum, bestimmte Beschwernisse und Hindernisse des Lebens so zu verändern, dass ein glücklicheres Leben möglich ist. Es geht vor allem um die Fähigkeit, zu überleben. Eine Zeitlang redete man in der Politik von „state building“ und meinte damit den Aufbau eines Staates. In Afghanistan ist dies massiv gescheitert, in Mali, dem Sudan und anderen Ländern, in denen dies versucht wurde, gibt es Teilergebnisse – aber nicht viel mehr. Bei Komplextraumatisierungen können wir von einem „ego building“, also einer Heranbildung eines neuen Ichs reden. Dabei ist dies kein Neuaufbau, sondern allenfalls ein Wiederaufbau auf den Ruinen der komplex traumatisierenden Erfahrungen. Teile des Inneren Kerns können genutzt werden, andere sind verloren gegangen. Es geht darum, den Klient*innen die Chance zu geben, eine grundlegende Neuentwicklung des Denkens und Fühlens, der Körperlichkeit, der Werte und der Begegnungsmöglichkeiten zu beginnen bzw. fortzuführen. Angeknüpft und aufgebaut werden muss an der Kraft, die die Menschen im Überlebenskampf gezeigt haben.