Zeugenschaft

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Manche Menschen, die Schlimmes erlebt haben und traumatisiert sind, zweifeln daran, ob sie ihren Erinnerungen trauen können. Oft leben sie nach dem traumatisierenden Ereignis allein und können sich darüber nicht mit anderen austauschen. Manchmal wurden die grauenvollen Erfahrungen verdrängt, so dass bloß noch die Gefühle, aber nicht mehr die kognitiven Erinnerungen übrigblieben. Im Laufe der Zeit verwischen sich die Erinnerungen. Die Menschen werden immer unsicherer.

In der Therapie und Beratung ist es dann wichtig, dass andere Menschen Zeugnis abgelegen. Zum Beispiel: „Ich weiß nicht, was damals genau passiert ist. Ich war nicht dabei. Aber ich sehe an Ihren Gefühlen und Ihren körperlichen Reaktionen, dass Sie leiden und dass damals etwas Schlimmes geschehen ist, auch wenn Sie nicht mehr genau wissen, was war. Ihre Reaktionen sind wahr. Das kann ich Ihnen bestätigen.“

Das schafft Sicherheit.

 

Strafe?

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Ein Mann, der von anderen zusammengeschlagen wurde, und noch ein Jahr danach an den Verletzungen und vor allem an dem traumatisierenden Schock leidet, erzählt: „Als jetzt endlich die Gerichtsverhandlung näher rückte, kamen die alten Erinnerungen wieder hoch. Ich hatte sie vorher schon etwas beiseitegeschoben, aber jetzt ging es wieder los. Und gleichzeitig war ich froh, dass es eine Gerichtsverhandlung gab. Mir war es wichtig, dass die Täter bestraft werden und ich Gerechtigkeit bekomme. Ich weiß, dass eine Strafe meine Leiden nicht ungeschehen machen kann. Aber trotzdem. Es war mir wichtig.“

Das hören wir oft. Dieses Anliegen der Gewaltopfer ist richtig und wichtig. Es ist berechtigt.

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Zeugen sind wichtig!

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In viele Situationen, in denen Menschen traumatisierende Gewalt erfahren, sind sie damit allein und es gibt keine Zeugen, vor allem bei sexueller bzw. sexualisierter Gewalt oder anderen Taten vor allem im familiären Raum. Wenn es Zeugen gibt, z.B. bei Gewalttaten auf der Straße oder in Gaststätten, auf dem Fußballplatz oder auf Konzerten, ist oft zu beobachten, dass viele Menschen die Taten mitbekommen, sich aber nicht als Zeug*innen zur Verfügung stellen. Sie fürchten Ärger und Aufwand. Sie ducken sich weg und befriedigen vielleicht ihre Neugier oder gar ihren Voyeurismus. Doch sie sind nicht bereit, der Polizei gegenüber als Zeuge aufzutreten.

Für die Opfer ist das schlimm. Denn sie haben so oft wenig Chancen, dass ihnen Gerechtigkeit widerfahren wird und dass Täter bestraft werden. Oper brauchen Zeugen, die aussagen, was sie gesehen haben. Zeugenschaft ist Parteilichkeit für die Opfer. Zeugenschaft ist würdigende Solidarität.