Der traumatische Prozess bei Flüchtlingen (Teil 4): Und davor?

Dieser Artikel ist Teil 4 von 4 der Artikel-Serie Der traumatische Prozess bei Flüchtlingen

 Wir haben Ihnen drei wesentliche Etappen des traumatischen Prozesses beschrieben – vor der Flucht, während der Flucht, nach der Flucht. Doch für viele war die „Zeit davor“ auch schon mit existenzielle Bedrohungen und schrecklichen Erfahrungen verbunden.

Weiter lesen

Der traumatische Prozess bei Flüchtlingen (Teil 3): Und dann?

Dieser Artikel ist Teil 3 von 4 der Artikel-Serie Der traumatische Prozess bei Flüchtlingen

Mit den Schreckenserfahrungen der Flucht ist für die meisten der traumatische Prozess noch nicht beendet. Die große Studie von Keilsson über die jüdischen Waisenkinder, die während des NS-Zeit in den Niederlanden vor den Nazischergen versteckt wurden und diese Zeit überlebten, hat zur Überraschung vieler eröffnet, dass diese Kinder die Zeit danach genau schlimm, wenn nicht noch schlimmer erlebt haben. Das Verlorensein und die Unsicherheit in den Zeiten nach Krieg und Verfolgung haben starke Spuren hinterlassen und wurden zumindest subjektiv prägender und die Traumafolgen festigender erlebt als die Zeit der akuten Verfolgung. So geht es auch vielen traumatisierten Flüchtlingen, die Europa erreichen. Europa zu erreichen heißt ja, zunächst einmal in Griechenland oder Lampedusa oder anderen Orte anzukommen. Nach der Überquerung des Mittelmeers Europa zu erreichen heißt auch, sich in Lagern aufzuhalten und nicht zu wissen, wohin und wie es weitergeht. Europa zu erreichen beinhaltet auch, einen unsicheren Status zu haben, auf Schlepper und korrupte Beamte angewiesen zu sein, durch Matsch zu laufen, Grenzen zu überqueren und eine unsichere Situation nach der nächsten zu durchstehen.

Weiter lesen

Der traumatische Prozess bei Flüchtlingen (Teil 2): Die Schrecken der Flucht

Dieser Artikel ist Teil 2 von 4 der Artikel-Serie Der traumatische Prozess bei Flüchtlingen

Wenn dreihundert Menschen sich auf ein kleines Boot klettern, das auf maximal zehn Personen angelegt ist und sich auf das Meer begeben, dann ist das eine existenziell bedrohliche Erfahrung, ein traumatisches Erleben. Doch auch noch viele andere mögliche traumatische Erfahrungen auf der Flucht gibt es.

Weiter lesen

Der traumatische Prozess bei Flüchtlingen (Teil 1): Erfahrungen im Heimatland

Dieser Artikel ist Teil 1 von 4 der Artikel-Serie Der traumatische Prozess bei Flüchtlingen

Die Anlässe für traumatisierende Erfahrungen sind vielfältig. Viele fliehen vor Krieg und Bürgerkrieg, zum Beispiel in Syrien, in Somalia, im Irak, in Afghanistan, in Libyen und anderen afrikanischen Ländern.

Weiter lesen

Fünf Thesen zum Thema Flucht und Trauma

  1. Die große Mehrheit der aktuell einreisenden Flüchtlinge ist traumatisiert. Sie haben nicht nur ein einzelnes traumatisches Ereignis erfahren, sondern befinden sich in einem traumatischen Prozess, der vom Schrecken im Heimatland über den Schrecken der Flucht bis in die Unsicherheit der Ankunftssituation reicht. Deshalb: Flüchtlingshilfe ist Traumabegleitung.
  1. Traumafolgen können sein: Erstarren, Hocherregung, Verstört-Sein, Ängste, Rückzug, Aggressivität … Viele Verhaltensweisen von Flüchtlingen sind nur im Zusammenhang mit Traumatisierungen zu erklären. Deshalb: Flüchtlinge zu verstehen, erfordert Wissen um Flüchtlingstraumatisierungen.
  1. Was aktuell ansteht, ist, Sicherheit und Stabilität zu schaffen. Je länger das dauert, desto stärker die Traumafolgen. Und wenn Stabilität wächst, dann werden viele der Traumafolgen erst lebendig und Raum bekommen. Das kann Deutschlernen und Integration stoppen und bremsen. Das Thema wird uns begleiten. Über Jahre. Deshalb: Je früher und je besser Traumahilfe, desto bessere Integration.
  1. Traumatisierte Flüchtlinge brauchen Möglichkeiten der Therapie. Sie brauchen aber auch Verständnis und Hilfen von Seelsorger/innen, Pädagog/innen und alles anderen, die mit ihnen zu tun haben: Zuhören, Trost, kreative Ausdrucksmöglichkeiten, Stärkung und vieles mehr. Deshalb: Jede und jeder kann wirksam Traumafolgen begegnen.
  1. Den Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen der Nachkriegszeit und den Flüchtlingen aus der DDR wurde nicht geholfen, was ihre Traumatisierungen betrifft. Der damalige „Lastenausgleich“ war wirtschaftlich, die seelischen Lasten blieben unbeachtet, mit oft schlimmen Folgen. Diese Erfahrungen müssen für die Unterstützung der aktuellen Flüchtlinge genutzt werden. Deshalb: Traumahilfe für aktuelle Flüchtlinge ist auch deutsche Vergangenheitsbewältigung.

Trauma und traumatischer Prozess bei Flüchtlingen und Ayslsuchenden

Trauma

Unter einem traumatischen Ereignis wird eine spezifische Art von Erfahrung verstanden. Fischer/Riedesser definieren sie als eine existenziell bedrohliche Situation, die mit den gegebenen Möglichkeiten nicht bewältigt werden kann und zu Hilflosigkeit und einer „dauerhaften Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis“ führen.

Die bislang einzige deutsche Studie ergab, dass 52% der Asylbewerber/innen eine oder mehrere traumatische Erfahrungen vor der Flucht im Herkunftsland erlebt haben, darüber hinaus 37,5 % eine Naturkatastrophe (Gäbel et al. 2006). In Norwegen zeigte eine Studie unter Asylbewerber/innen eine Prävalenz von 45% der Asylbewerber/innen. Durchschnittlich erlebten die befragten Asylbewerber/innen neun traumatische Situationen (Jakobsen et al. 2011). Eine dänische Untersuchung ergab, dass 45% der befragten Asylbewerber/innen Folter erlitten hatten, 44% in Gefangenschaft waren und 59% Zeugen von bewaffneten Auseinandersetzungen waren (Masmas et al. 2008).

 

Weiter lesen

Das Lächeln der Mädchen aus Syrien

Sonntag Abend in Essen. Eine große Wohltätigkeitsveranstaltung der WAZ und der Christiane Weber-Stiftung. 1160 Menschen lachen und freuen sich an tollen Kabarettist/innen und Musiker/innen. Ich habe die Gelegenheit, zwei Minuten lang die Kreativen Stärkungsgruppen vorzustellen, die wir über die Kreative Traumahilfe Duisburg mit traumatisierten Flüchtlingskindern durchführen. „Wir lachen hier viel und das ist gut so. Den Kindern, die aus Afghanistan, Syrien oder Eritrea den Weg nach Deutschland geschafft haben, ist meist das Lachen vergangen. Doch wenn sie singen, lächeln sie. Sie haben oft keine Worte und können in der Schule nichts aufnehmen, weil der Kopf so voll ist mit Schreckensbildern. Doch wenn sie malen, dann werden Kopf und Herz ein wenig freier …“

Weiter lesen