Wie kann ich mir verzeihen?

Manche Opfer von traumatisierender Gewalt machen sich in der Zeit danach Vorwürfe, dass sie etwas falschgemacht haben. Vielleicht meinen sie, sich nicht genug gewehrt zu haben oder sie werfen sich vor, überhaupt in einer Situation gekommen zu sein, in der ihnen Gewalt angetan wurde. Manche hadern auch mit sich, dass sie zu vertrauensselig gewesen wäre.

„Ich werfe mir immer vor, dass ich zu vertrauensselig war. Ich hätte doch früher merken müssen, worauf das hinausläuft.“

Anderen Menschen zu verzeihen, fällt vielen leichter, als sich selbst etwas zu verzeihen. Wenn Sie Schwierigkeiten haben sollten, sich selbst etwas zu verzeihen, können wir Ihnen zwei Vorschläge machen.
Der eine besteht darin, dass Sie einen Brief an sich selbst schreiben. Beginnen Sie mit „Liebe …“ oder „Lieber…“ und setzen Sie Ihren Namen dorthin. Und dann schreiben Sie auf, was Sie sich vorwerfen, was Sie sich nicht verzeihen können. Und dann schreiben Sie auf, was Sie sich sagen könnten, damit Sie diese Selbstvorwürfe entkräften, was dagegenspricht. Führen Sie alles auf, was Ihnen einfällt, wenn Sie gnädig mit sich sind, wenn Sie gegenüber Ihren Selbstvorwürfen Gnade walten könnten. Wenn Sie diesen Brief geschrieben haben, beenden Sie ihn, grüßen Sie sich, unterschreiben Sie ihn und legen Sie ihn an einen guten Ort. Vielleicht fallen Ihnen zu einem späteren Zeitpunkt weitere Anmerkungen dazu ein. Der Brief kann fortgeschrieben werden. Sie kommen damit in einen inneren Dialog, der Ihr Gnädig-Sein, Ihre Fähigkeit sich zu verzeihen fördert.
Der zweite Tipp besteht darin, mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Sagen Sie einer Person, der Sie vertrauen oder von der Sie möchten, dass Sie Ihr vertrauen können, was Sie sich selbst nicht verzeihen können und bitten Sie um Rückmeldung. Wenn diese andere Person parteilich ist und an Ihrer Seite steht, wenn Sie sie „ent-schuldet“ und Ihnen sagen kann, dass die Täter*innen die Täter waren und dass Sie das Opfer sind, dann kann dies helfen.

About Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Inhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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