Wenn ein Partner oder eine Partnerin unter Trauma-Folgen leiden, insbesondere unter solchen sexualisierter bzw. sexueller Gewalt, dann spüren Partner/Partnerinnen oft für sie seltsame und manchmal belastende Verhaltensweisen der traumatisierten Menschen. Sie können diese antriggern. Sie können Übertragungen ausgeliefert sein. Sie können mit ihren Bemühungen um Nähe und liebevolles Verhalten auf Abweisung stoßen. Diese Erfahrungen müssen nichts damit zu tun haben, dass ihr/e Partner/in sie nicht liebt oder nicht mit ihnen die Liebe im Alltag leben möchte. Nein, es sind Folgen von traumatischen Erfahrungen, insbesondere Gewalterfahrungen einschließlich sexualisierter Gewalt. Diese Erfahrungen können zum Beispiel durch Nähe, durch Berührungen, Töne, Gerüche oder andere Erfahrungen wieder ausgelöst werden.
Hilfreich für die Angehörigen ist die Haltung des dreifachen UND, die hier kurz skizziert werden soll.
Das erste UND heißt: Ich respektiere die Folgen deiner traumatischen Erfahrungen, auch die Zurückweisung UND ich möchte Nähe mit dir!
Wenn sich ein/e Partner/in der traumatisierten Person annähert, sei es, weil er oder sie Sex möchte oder einfach nur kuscheln und nah sein möchte, dann kann dies oft zu Abwehrreaktionen führen. Die traumatisierte Person kann sich bedrängt fühlen, obwohl sie eigentlich die Nähe von dem Partner/der Partnerin gerne hat. Ein quasi automatisches Verhaltensmuster tritt in Kraft. Würde der Partner/die Partnerin dies nicht akzeptieren, kann ds auf Dauer ein Ende der Beziehung zur Folge haben. Der Partner oder die Partnerin käme in die Täterrolle, Flucht oder Aggressivität wären die Folgen. Das abwehrende Verhaltensmuster nur zu akzeptieren, hat aber auch keine positiven Wirkungen. Dies würde bedeuten, dass beide auf die Nähe verzichten. Deswegen ist die Haltung dieses ersten UND so wichtig. Sie sollte sich im Verhalten zeigen UND ausgesprochen werden.
Das zweite UND betrifft Situationen, in denen der Partner/die Partnerin schon zum Täter geworden sind, in denen eine Übertragung aktiv ist und die Beziehung bestimmt. Hier ist es für die Angehörigen wichtig, klar und deutlich zu sagen: „Ich weiß, dass ich jetzt für dich der Vater oder der Täter oder die Täterin bin. Ich verstehe, dass das so ist und dass das immer wieder mal sein muss. UND ich bin es nicht. Ich bin der Mensch, der dich gernhat, der dich liebt!“ Solche Sätze, solche Äußerungen können helfen zu akzeptieren, dass es immer wieder einmal solche Übertragungen geben kann. Sie können vor allem aber helfen, aus diesen Übertragungen herauszukommen.
Das dritte UND: Wenn du mir von dem, was dir passiert ist und worunter du leidest, erzählen möchtest, dann ist das gut und ich höre zu. UND wenn du das nicht möchtest, akzeptiere ich das und respektiere das.
Viele Opfer insbesondere von sexualisierter Gewalt wollen das, was sie erlebt haben, teilen und haben gleichzeitig Angst davor. Sie sind verstummt. Sie haben das Vertrauen verloren, andere Menschen zu verstehen. Oft wollen sie auch ihrer geliebten Partnerin/ihrem geliebten Partner das, was ihnen widerfahren ist, und die Folgen nicht zumuten. Deswegen ist hier die Haltung des UND wichtig: Nicht drängen, aber sich anbieten.
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Ich bin völlig verzweifelt. Ich habe meine Traumfrau kennengelernt und sie hat mir von Anfang an erzählt, dass sie PTBS hat und auch warum. Ich selber leide seit Jahren an Depressionen und kann mit so vielen Dingen nicht umgehen. Sie sagt etwas, handelt aber völlig entgegen ihrer Aussage. Ich liebe diese Frau und will sie auf gar keinen Fall verletzen. Aber häufig fühle ich mich verletzt…
Lieber Thomas,
Ich bin für diese Konstellation kein Experte. Was ist aber weiß, dass nur völlige Transparenz hilft. Über die Gefühle, Absichten und Verletzungen. Sie werden dabei nicht umhinkommen, dass Ihre Traumfrau sich auch verletzt fühlt. Auch, wenn Sie das nicht wollen. Das Risiko müssen Sie eingehen, sonst bleiben Sie auf Ihren Verletzungen sitzen.
Nur über den transparenten Dialog können Sie beide Wege der Verständigung und des Miteinanders finden. Welche Wege das sein können, können nur Sie beide herausfinden. In jedem Fall hilft es, AUA zu sagen.
Viel Erfolg und ein bisschen Glück wünsche ich Ihnen
Es braucht viel Zeit und Geduld…Liebe, Wärme, Rückzug aber auch Nähe und Verständnis…Bucht doch zusammen ein Seminar ODER Wochenende Körpertherapie….oder vielleicht erstmal alleine und dann zusammen….hier lernst du deinen Körper kennen und gleichzeitig darüber zu reden…dann entwickelt sich etwas und kann wachsen…
Ich bin etwas ratlos. Ich habe eine Beziehung gehabt mit einem Mann, der PTBS hat. Es schien erst alles zu funktionieren, alles perfekt zu passen. Nach einigen Monaten ließ unsere Sexualität nach. Er hat mir gesagt, er verspürt sexuelle Unlust. Mag sich selbst nicht. Irgendwann hat er mir gesagt ich würde ihn triggern. Das hätte er noch nie gehabt. Ich habe falsch reagiert und habe gefragt ob er jetzt die Beziehung beenden will. Das tat er. Obwohl er ein paar Tage später zugab, dass es eine Kurzschlussreaktion war, wollte er diese nicht zurück nehmen. Es blieb bei der Trennung. Laut seiner Aussage hatte er das noch in keiner Beziehung, dass eine Frau ihn getiggert hat. Warum dann ich? In der Vergangenheit hat er oft an toxischen Beziehungen fest gehalten. Das war bei uns nicht so. Kann man da noch was machen? Noch was retten? Wir haben zur Zeit keinen Kontakt mehr.
Ich fürchte, da können Sie nicht tun. Nur der Mann, von dem Sie schreiben. Er müsste sich Hilfe holen, um seine Erfahrungen zu bearbeiten und unterscheiden zu können zwischen Giftigem und Liebevollem. Das ist für Sie sicherlich traurig
Habe Ihre Seiten sehr wissbegierig aufgesogen. Herzlichen Dank dafür.
Meine Frage : Ich fühle mit jemandem mit, wenn ich das traumatisierte Erlebnis, oder auch nur ansatzweise davon höre. Ebenso lassen mich die Erlebnisse nicht los, obwohl ich sie gar nicht erlebt habe. Es reichen schon Nachrichten oder Worte, die mich dann mitfühlen lassen und in mir die Symptome der PTBS hervor rufen.
Bei einem Partner, der selbst betroffen war, hat mich jahrelang die mir geschilderte Szene blockiert, weil ich mich selbst als Täter gefühlt habe, anstatt seine Zuneigung (die ab und zu da war) annehmen zu können.
Ich fühle mich quasi durch Erlebnisse anderer traumatisiert. Wie bekomme ich das in den Griff?
Wäre schön, wenn es einen Weg gibt.
Schlimmer Erfahrungen brauchen neue, positive Erfahrungen. Das ist der Weg, nach meinen Erfahrungen. Doch wie Sie und wie alle die neuen Erfahrungen machen können, ist komplex und individuell unterschiedlich. Dazu sind andere Menschen notwendig, die Verständnis haben und unterstützen. Wenigstens ein bisschen.
Lieben Dank… dann bin ich mal zuversichtlich und hoffe auf neue Menschen… Ihnen alles Gute
Genau diese UND fehlen mir so unglaublich
Die Nähe und tiefe Bindung zu meinem Partner triggert immer wieder die traumatischen Ereignisse. Ich weiß was und wie aber trotzdem kommen diese Gefühle eben oft hoch. Und eigentlich dürfen sie es nicht, weil er sich dann sofort distanziert und mich allein damit lässt. Er ist nicht mein Psychiater sagt er dann und lässt mich eiskalt auflaufen. Und dass triggert mich besonders. Allein zu stehen und enttäuscht zu werden, niemanden zu haben der mich im Zweifel auffängt, dass sind die größten Ängste. Er hat Angst, dass versteh ich aber wieso ist es so schwer mir dann einfach eine Umarmung zu schenken, ein liebes Wort? Stattdessen enden Tage wo mich die Gefühle einholen und ich versuche damit klar zu kommen, in einem riesen Beziehungsstreit und tagelanger Funkstille in der ich immer tiefer abrutsche. Gibt es da Tipps ihm die Angst zu nehmen?
Ich Frage mich ob es hier auch Erfahrungen gegenteiliger Art gibt. Ich (w, Betroffene sexualisierter Gewalt) habe meinem Partner m vor einigen Monaten erzählt was mir in der Vergangenheit passiert ist. Nun hat er Hemmungen entwickelt Intimität und Sexualität mit mir zuzulassen. Geht es anderen ähnlich? Was waren hier Lösungsansätze? Ich bin dankbar für jede Anregung, da ich bisher nichts zu diesem speziellen Thema gefunden habe.
Entschuldigen Sie die späte Antwort. Es gab eine technische Störung, durch die ich viele Anfragen nicht erhalten habe. Ärgerlich.
Ich empfehle, mit dem Partner oder der Partnerin über die traumatische Erfahrung zu reden, aber keine Einzelheiten zu berichten. Dadurch entstehen oft Bilder im Kopf, die Begegnungen hemmen können. In Ihrer Situation würde ich raten, dass Sie verführen, dass Sie zeigen, dass und wie Sie lieben. Und reden, und Geduld haben …
Viel Erfolgt!
Hallo,
mein Partner hat auch PTBS ich bin 23 Jahre und er 28. Er stößt mich manchmal weg und kommt dann wieder an. Jetzt habe ich mich erstmal zurück gezogen was nähe oder Intimität an geht. Ich habe zu ihm gesagt das ich dass nicht verstehe wenn ich ankomme das er nie will.. aber wenn er ankommt will er immer. Ich verstehe das einfach nicht. Er sagte gestern auch das er das Gefühl hat das ich jeden Tag will und ich weiss das es nichts mit mir zutun hat aber es ist für mich sehr schwierig das zu glauben.. dieses hin und her.. Nähe keine Nähe Nähe kein nähe.. ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll oder was ich machen kann..
Bitte eine Antwort von ihnen
Danke
MfG Shirley
Liebe Shirley,
ja, das ist schwierig und auf Dauer kaum auszuhalten. Das Verhalten ihres Partners kann an den traumatischen Erfahrungen liegen oder andere Wurzeln haben. Was Sie machen können, kann ich aus der Ferne nicht sagen. In jedem Fall sollten sie das Verhalten nicht akzeptieren und Änderungen fordern. Vielleicht mit Hilfe einer Therapie, die den Ursachen des Verhaltens nachgeht.
Ich wünsche Ihnen Erfolg!!!
Herzliche Grüße
Udo Baer
Hallo, ich brauche dringend Hilfe. Mein Partner (PTBS, Trauma, Depressionen) hat nach 5 Jahren unsere Beziehung aus heiterem Himmel beendet, weil er ein „Monster“ sei und ich ihn nicht verdienen würde, er mir all diesen Schmerz nicht antun kann/will. Er will das ich ihn Hasse. Wir hatten nie Probleme und er hatte seine Krankheit im Griff.
Nach einem Trigger (was sein Trauma nun wieder ausgelöst hatte) hat er auch zwei mal versucht sich im letzten halben Jahr das Leben zu nehmen… angeblich könne er keine romantischen Gefühle empfinden/er liebe mich zwar, aber nicht so wie ich es brauche. Und dennoch kam heraus das er seit vielen Monaten eine emotionale Beziehung zu jemand anderen führt (auch während wir noch zusammen waren). Ich bin absolut verwirrt und besorgt, dass er diese Person unterbewusst gewählt hat (aufgrund seines Traumas) um sich selbst weiter zu zerstören. Höre von vielen, dass diese Person sehr schlecht für ihn ist.
Habe ich noch eine Chance, dass er aus der Trauma Episode heraus kommen wird und realisiert, was er „getan“ hat? Das er sich wieder bei mir melden wird? Ich liebe ihn immer noch so sehr und will ihn nicht aufgeben. Zumal er auch sagte, ich seie das Beste was ihm je passiert sei und das er das alles nun zerstört habe. Sehr viel Selbsthass. Wenn er nichts empfinden kann, durch das Trauma, warum ist er nun mit wem anderen? Ich habe so angst, dass er sich auf was eingelassen hat, was ihn noch tiefer stürzen wird, da er sein Trauma noch nicht wieder im Griff hat…
Wir sind derzeit nicht mehr in Kontakt. Eine Freundschaft zu führen klappt nicht wenn da dieser andere Mann ist. Diese ganze Sache macht mich derzeit so fertig und ich weiß nicht ein noch aus.
Bitte gehen Sie vor Ort zu einer Beratungsstelle. Da kann ich aus der Ferne nicht helfen. Soest brauchen Sie Unterstützung, dann der Partner.
Viel Erfolg, toitoitoi
Udo Baer
Hallo Herr Baer, ich habe eine Beziehung zu einer in ihrer Kindheit sehr schwer mißhandelten Frau. In der Übertragung werde ich von ihr beleidigt. Ich weiß/ hoffe, dass Sie damit ihre Wut auf den sadistischen Peiniger aus ihrer Kindheit auf mich überträgt. Soll ich trotzdem eine Grenze setzen oder diese Beleidigungen zulassen, die auch mich belasten, da ich keine ausgebildeter Psychotherapeut bin.
Danke für einen kurze, schnelle Antwort
Lieber Herr S.,
Ihre Würde ist wichtig. Wenn sie verletzt wird durch Beleidigungen, setzen Sie Grenzen und äußern Sie, dass Sie das verletzt und Sie das nicht wollen. UND sagen Sie, dass Sie wissen, woher das kommt, dass Sie sie weiter gern haben.
Sie wissen, dass Sie nicht gemeint sind UND Sie bekommen es ab und werden verletzt. Mit dieser Widersprüchlichkeit zu leben und sie immer wieder zu äußern, ist der einzige Weg, den ich kenne.
Herzliche Grüße und eine gute Zeit
Udo Baer