Was sind Entwicklungstraumata oder Mikrotraumata?

Es gibt Tendenzen, den Begriff des Traumas auf alle möglichen Verletzungen, Störungen oder Wunden auszuweiten. Ein Entwicklungstrauma wird zum Beispiel darüber definiert, dass Kinder nicht das bekommen, was sie „für eine gesunde Entwicklung brauchen“. (www.martinaweissenboeck.at – Entwicklungstrauma – 7.7.2022) Diese Definition erweitert den Traumabegriff auf jede Störung, jede Verletzung, jeden Mangel in  der kindlichen Entwicklung und macht ihn damit inflationär und nichtssagend.

Ein ähnlicher Begriff ist der des Microtraumas. Damit werden in der Medizin minimale Verletzungen in der Muskulatur des Körpers bezeichnet. Mittlerweile hält dieser Begriff Einzug in die Diskussion über das Verständnis von Traumata. Wenn jede kleine Verletzung ein Trauma sein kann, und sei sie als Mikrotrauma bezeichnet, dann werden alle Unterschiede zwischen kleinen Verletzungen und großen Traumata, die existentielle Bedrohung beinhalten, verwischt und der Begriff Trauma wird damit bedeutungslos.

Ähnliches gilt auch für die Bezeichnung „Bindungstrauma“. Damit wird die Erfahrung bezeichnet, dass die Beziehung zwischen einem Kind und einer seiner Bezugspersonen massiv gestört wurde, selten durch ein einzelnes Ereignis, sondern meist durch fortlaufende Erfahrungen. Auch hier ist der Unterschied zu den Bindungsstörungen völlig unklar. Auch hier ist wichtig zu betonen, dass nicht jede negative Erfahrung, die belastende Folgen haben kann, ein Trauma ist. Es ist notwendig, den Traumbegriff eng zu halten, so wie er in den Antworten auf die ersten Fragen definiert worden ist.

About Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Inhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

2 Kommentare zu “Was sind Entwicklungstraumata oder Mikrotraumata?

  1. Hallo Dr.Bär, ich lese mit Interesse Ihre Zeilen. Ich habe Schläge in der Kindheit heftigst erfahren müssen, in der 1.Schwangerschaft, weil meine Eltern das nicht akzeptierten. Mein Sohn (52) hat das Verhalten meiner Eltern übernommen und wg Erbdofferenzen mich zwei mal geschlagen. Er hat den Kontakt weitestgehend zu mir abgebrochen, ebenso darf ich meine Enkel nicht sehen weil ich ihm mein Erbe (1/4 altes Häuschen) nicht gebe. Das ust ein fortwährendes nicht enden wollendes Trauma für mich. Ich habe irrsinnige Sehnsucht nach meinen Enkeln. Was empfehlen Sie? Herzliche Grüße

  2. Es tut mir leid zu hören, dass Sie durch so schwierige Erfahrungen gegangen sind und sich in dieser belastenden Situation befinden. Es ist wichtig, professionelle Hilfe und Unterstützung zu suchen, um mit Ihren Traumata und den familiären Herausforderungen umzugehen. Hier sind einige Schritte, die Sie erwägen können:

    Therapeutische Unterstützung: Sie könnten in Erwägung ziehen, einen Psychotherapeuten oder Psychologen aufzusuchen, der auf Traumabewältigung und familiäre Konflikte spezialisiert ist. Eine Therapie kann Ihnen dabei helfen, Ihre emotionalen Wunden zu heilen und Strategien zu entwickeln, um mit den traumatischen Erfahrungen umzugehen.

    Kommunikation: Wenn Sie sich sicher fühlen, könnten Sie versuchen, mit Ihrem Sohn in einem ruhigen und respektvollen Rahmen zu kommunizieren. Es ist wichtig, Ihre Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken und offen für einen Dialog zu sein, wenn beide Seiten dazu bereit sind.

    Rechtliche Beratung: Wenn Ihr Sohn rechtliche Schritte unternimmt, um den Kontakt zu Ihren Enkeln zu blockieren oder Ansprüche auf Ihr Erbe geltend zu machen, sollten Sie erwägen, rechtlichen Rat einzuholen, um Ihre Rechte und Optionen zu verstehen.

    Selbstfürsorge: Vergessen Sie nicht, sich selbst zu kümmern. Suchen Sie nach Wegen, Stress abzubauen und Ihre emotionalen Bedürfnisse zu erfüllen. Dies kann Meditation, Yoga, Sport, oder das Pflegen von sozialen Kontakten mit anderen unterstützenden Menschen umfassen.

    Unterstützende Gemeinschaft: Suchen Sie nach Unterstützungsgruppen oder Communities von Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Der Austausch mit anderen kann tröstlich sein und Ihnen neue Perspektiven bieten.

    Denken Sie daran, dass es keine einfachen Lösungen für komplexe familiäre Probleme gibt, aber die Suche nach professioneller Hilfe und die Pflege Ihrer eigenen Gesundheit und Wohlbefinden können Schritte in die richtige Richtung sein. Jeder Fall ist einzigartig, und Sie verdienen Unterstützung auf Ihrem Weg zur Heilung und zum Umgang mit den Herausforderungen, denen Sie gegenüberstehen.

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