Umfrageergebnisse sagen, dass fast 50 % der Flüchtlinge aus Syrien Obergrenzen bei der Aufnahme neuer Flüchtlinge befürworten. Unter denen, die schön länger als Flüchtlinge oder andere Migrant/innen in Deutschland leben, lehnen viele in scharfen Worten die Aufnahme neuer Flüchtlinge ab. Eine Lehrerin aus der Nähe von Berlin erzählte mir, dass die Kinder ihrer Klasse in der Grundschule sie fragten, ob sie bald ihre Arbeit verliere, weil ja „die Flüchtlinge allen die Arbeit wegnehmen“. Viele Kinder äußerten massive Ängste vor Flüchtlingen, im Originalton der Eltern. Von den Kindern ihrer Klasse hatten nur zwei deutsche Eltern, alle anderen Eltern mit Migrationshintergrund …
Wie ist das zu verstehen? Es gibt eine Erklärung aus der Migrationsforschung. Nach zahlreichen Studien erfolgt die Integration in konzentrischen Kreisen. In Deutschland zählen zum mittleren Kreis die „Alteingessenen“. Im Kreis drumherum die Flüchtlinge und Vertriebenen aus der Kriegszeit des 2. Weltkriegs. Dann im nächsten Kreis die Flüchtlinge aus der DDR. Dann die Arbeitsimmigrant/innen aus der Türkei und anderen Mittelmeerländern. Drumherum die sogenannten „Russland-Deutschen“. Und dann die Flüchtlinge aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawien und anderen Ländern. Solche Kreise wurden erstmalig in den USA herausgearbeitet.
Bezüglich dieser konzentrischen Kreise sind zwei Erfahrungen von Bedeutung:
- Erstens verläuft die Integration von innen nach außen. Mit jedem neu hinzukommenden äußeren Kreis wachsen die Integrationschancen der inneren Kreise.
- Zweitens wehren sich die Menschen der äußeren Kreise dagegen, dass neue Migrant/innen aufgenommen werden, denn diese sind die unmittelbaren Konkurrenten um Arbeitsplätze, Bildungsmöglichkeiten und Aufmerksamkeit. Deshalb ist die Abwehr gegenüber dem aktuell neu entstehenden äußeren Kreis am stärksten.
Dieses Modell dient der Erklärung, nicht der Rechtfertigung.
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