Wir begegnen in der Traumahilfe oft Menschen, die ungern oder gar nicht Hilfe annehmen können. Das kann Beratung, Therapie oder andere Unterstützung betreffen. Wenn sie dann zum Beispiel in einer Therapie erfahren haben, dass Hilfe wirkt, erleichtert, stärkt, verstehen sie oft ihre frühere Haltung nicht.
Der Hintergrund für diese Abwehr gegen Hilfe kann natürlich in einer Erziehung liegen, die vermittelte: Du musst alles alleine schaffen! Oder „Hilfe ist Schwäche, ist Versagen!“ Viele Männer, aber auch zahlreiche Frauen sind mit solchen Werten groß geworden und haben Schwierigkeiten, sich davon zu befreien. Sie müssen lernen, dass es eine Stärke bedeutet, Hilfe anzunehmen. Wer sich angesichts von Gewalt und anderem hilflos fühlt, spürt in sich den zumindest leisen Schrei nach Hilfe. Nichts anderes bedeutet das Gefühl der Hilflosigkeit.
Noch ein anderer Aspekt ist für Opfer traumatischer Gewalt in diesem Zusammenhang wesentlich: die Erfahrungen in der Zeit danach. Die Zeit nach dem traumatischen Ereignis zählt zum Traumaerleben. Die meisten Menschen haben in der „Zeit danach“ die Erfahrung gemacht, dass sie mit ihrem Leid allein geblieben sind. Sie fanden kein Gehör, keine Unterstützung, keine Parteilichkeit. Also mussten sie alleine die Erfahrungen des Schreckens bewältigen. Diese Erfahrung prägt die weitere Haltung zur Hilfe. Alles alleine zu bewältigen, ist für sie so selbstverständlich geworden, dass sie Hilfe ablehnen, auch wenn sie nun angeboten wird. Ja, Hilfe anzunehmen, kann zur scheinbaren Bedrohung werden für die Haltung, es alleine zu schaffen.
Wenn wir solche Zusammenhänge verstehen, können wir leichter verstehen, warum Menschen Hilfe ablehnen, auch wenn sie sie brauchen. Wir können damit weicher umgehen.
Wer betroffenen Menschen solche Zusammenhänge erklären, können sie weicher werden und oft bereit sein, die Annahme von Hilfe zu wagen.
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Das ist wohl wahr.
Was kann ich ändern, damit ich Hilfe besser anzunehmen kann?
Es ist schwer es zuzulassen auch wenn man es möchte
Das geht wahrscheinlich nur in ganz kleinen Schritten. Suchen Sie zunächst nach einer Person, der Sie vertrauen. Und bitten Sie um eine kleine Mini-Hilfe. Und dann steigern Sie langsam.
Auch fragen hilft: Würdest du mir helfen, wenn ich darum bitte?
Auch das große UND kann unterstützen: Ich traue mich nicht, um Hilfe zu bitten, UND ich will es probieren und lernen.
Besonders bitter ist es, endlich, endlich um Hilfe bitten zu können, diese aber abgelehnt wird, bzw. in einer Warteschleife sich wiederfindet. Ich empfinde das als verheerend verantwortungslos.
Das Thema „Hilfe annehmen“ ist auch bei meinem Bruder schwierig. Seine Frau ist verstorben und er ist in einem tiefen Loch. Er braucht dringend psychologische Hilfe, möchte sich aber nicht öffnen. Uns tut das sehr weh, ihn leiden zu sehen, ohne etwas tun zu können. Ich werde ihm, wie Sie raten, mal passende Texte dazu schicken.
Wie dringen ich zu jemandem durch, der Hilfe benötigt? Die Texte dürften nichts nützen in diesem Fall. Ist es besser, sich immer wieder anzubieten oder denjenigen in Ruhe zu lassen? Habe Angst, dass das böse endet.