- Trost, Teil 1: Trost und Trauma
- Trost, Teil 2: Trost und Glaube
- Trost, Teil 3: Trost ist Beziehung
- Trost, Teil 4: Was nicht hilft
- Trost, Teil 5: Du bist nicht allein
- Trost, Teil 6: Trösten ist gemeinsam trauern
- Trost, Teil 7: Das große UND: Was kann ich verändern, was nicht?
- Trost, Teil 8: Trostsymbole
- Trost, Teil 9: Trostdialog
- Trost, Teil 10: Trostkompetenzen
- Trost, Teil 11: Trösten ist anarchisch
- Trost, Teil 12: Die ungetröstete Generation
Viele Menschen brauchen Trost, weil sie etwas verloren haben. Es kann eine geliebte Person sein oder auch die Unversehrtheit des eigenen Körpers. Wir Menschen können Fähigkeiten verlieren oder die Selbstverständlichkeit unseres Seins, weil wir durch schreckliche Erfahrungen aus dem Leben, so wie es für uns selbstverständlich war, gerissen wurden. Ganz gleich, was losgelassen wurde oder losgelassen werden muss, zum Trost gehört deshalb zu trauern.
Trauern ist das Gefühl des Loslassens. Wenn wir Menschen trauern, verabschieden wir uns von etwas, von anderen Menschen oder von Fähigkeiten, Erfahrungen oder Befindlichkeiten. Dazu ist es notwendig, sich dessen gewahr zu werden und diesen Prozess zu akzeptieren. Auch dieser Prozess ist prinzipiell maßlos, hat also kein Maß. Er hat keine Zeit und keine festen Regeln, sondern entwickelt sich individuell bei jedem Menschen verschieden. Dabei ist eines entscheidend: Trauern gelingt nicht allein. Wir Menschen müssen unsere Traurigkeit mit anderen Menschen teilen, und wir müssen sie aussprechen, nicht nur still vor uns hin trauern, sondern ihnen Zeichen und Laute geben, damit sie von anderen wahrgenommen und geteilt werden können. Hier gilt das Sprichwort, dass geteilter Schmerz halber Schmerz ist. Wird Trauer nicht geteilt, können die Trauernden kein Mitgefühl und keinen Trost erfahren. Dann wird die ungetröstete Trauer zu einem stetigen Begleiter des leidenden Menschen und nistet sich in seiner Seele fest.
Auch wenn Trauer geteilt wird, ist damit kein völliges Loslassen dessen verbunden, was man verloren hat oder verliert. Lauren Bacall, die Schauspielerin, trauerte um ihren geliebten Mann Humphrey Bogart und sie sagte, dass es irgendwann im Trauerprozess sich für sie so anfühlte, dass das Bild von Humphrey immer noch vorhanden war, aber nun an einer anderen Stelle hing. Sie konnte immer wieder einen Blick darauf werfen UND hatte die Kraft, sich mit einem Teil ihres Herzens frei anderem zuzuwenden.
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