- Traumafolgen und Gefühle, Teil 1: Verstört sein
- Traumafolgen und Gefühle, Teil 2: Zwischen maßlosen und gedämpften Gefühlen: Taubheit
- Traumafolgen und Gefühle, Teil 3: Zorn, Wut, Angst
- Traumafolgen und Gefühle, Teil 4: Schuldgefühle
- Traumafolgen und Gefühle, Teil 5: Scham
- Traumafolgen und Gefühle, Teil 6: Trauer
- Traumafolgen und Gefühle, Teil 7: Hilflosigkeit
- Traumafolgen und Gefühle, Teil 8: Gefühl der Gefühllosigkeit
Wenn Menschen nichts spüren und nichts fühlen, spüren sie doch, dass sie nichts fühlen. Wir nennen dies das Gefühl der Gefühllosigkeit. Es ist eine extreme Form der Betäubung oder des Dämpfens von Gefühlen, über die wir schon geschrieben haben. Das Gefühl der Gefühllosigkeit ist ein not-wendiger Schutz, um die Not zu wenden. Die Not der traumatischen Erfahrung droht den betroffenen Menschen zu zerbrechen, zu überfluten, zu überwältigen, genauso wie die Gewalt überwältigt. Sich da unbewusst gefühllos zu machen, ist eine Flucht vor etwas Unaushaltbarem. Dies zu verstehen, ist sinnvoll und erleichtert.
In der traumatischen Situation waren die betroffenen Menschen allein und fühlten sich danach zumeist allein gelassen. Wenn andere ihnen Begleitung, Unterstützung, Begegnung anbieten, dann ist dies eine erste notwendige und grundlegende Hilfe. Wird die Begleitung gespürt und das Gefühl, allein gelassen zu werden aufgeweicht, kann sich auch das Gefühl der Gefühllosigkeit erweichen. Etwas anderes kommt hinzu. In dem Gefühl der Gefühllosigkeit gibt es immer, so unsere Erfahrung, einen kleinen Spalt, der, mag er noch so winzig sein, einen Zugang zu den unter dem Gefühl der Gefühllosigkeit verborgenen Gefühlen öffnen kann.
Eine Klientin malt ihr Gefühl der Gefühllosigkeit. Sie nimmt einen großen Bogen Papier und führt graue und schwarze Ölkreiden über das Blatt. Irgendwann hört sie auf und sagt: „So. jetzt ist es voll. So ist es auch. Ich bin ja ganz voll von dem Dunklen.Ich spüre nichts..“
Der Therapeutin fällt auf, dass es in den Blatt zwei winzig kleine weiße Flecken gibt, die nicht von dem Grau und Schwarz bemalt wurden. Sie fragt danach. Die Klientin schaut auf die beiden Flecken und sagt: „Was der eine Fleck ist, weiß ich nicht. Doch der andere, der hat so die Form eines zerquetschten Herzens. Der Täter konnte mein Herz zerquetschen, aber er konnte es nicht kaputt machen. Vielleicht ist in diesem Fleck mein Mut drin, zu überleben.“ Und so ging es weiter.
Ob auf solche oder auf andere Weise: Oft lohnt es sich, wenn die Menschen sich nicht mehr allein gelassen fühlen, nach dem kleinen Spalt zu suchen, der einen Weg aus dem Gefühl der Gefühllosigkeit eröffnen kann.
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Gefühllosigkeit durch eine Geburt. Die unterdrückten Gefühle, in dem Fall von Ärger, gingen auf das noch ungeborene Kind über. Mutter und Kind verwechselten sich mit der dritten Person, die hier eine Rolle spielte, und beide waren danach von diesem grässlichen Gefühl der Gefühllosigkeit zueinander verbunden. Was das für dramatische Folgen für das Kind, das heute eine erwachsene Frau ist, kann man sich vorstellen, wenn man weiß was so alles bei Traumatisierungen geschehen kann. Noch dazu in so einem sensiblen Moment wie einer Geburt.
Ich habe zum Glück die Vermischung der Persönlichkeiten entdecken können und auflösen können. So langsam kommt das Gefühl und das Spüren zurück. Die Mutter-Kind-Bindung darf endlich wachsen und da sein. Was für eine riesen Freude das ist, und wie gut es einem damit geht, das lässt sich mit Worten kaum beschreiben.