- Traumafolgen und Gefühle, Teil 1: Verstört sein
- Traumafolgen und Gefühle, Teil 2: Zwischen maßlosen und gedämpften Gefühlen: Taubheit
- Traumafolgen und Gefühle, Teil 3: Zorn, Wut, Angst
- Traumafolgen und Gefühle, Teil 4: Schuldgefühle
- Traumafolgen und Gefühle, Teil 5: Scham
- Traumafolgen und Gefühle, Teil 6: Trauer
- Traumafolgen und Gefühle, Teil 7: Hilflosigkeit
- Traumafolgen und Gefühle, Teil 8: Gefühl der Gefühllosigkeit
Wir kennen kaum Opfer traumatisierender Gewalt ohne Schuldgefühle. Wichtig ist es, zwischen Schuld und Schuldgefühlen zu unterscheiden. Viele Täter, fast alle, haben keine Schuldgefühle, aber Schuld. Andererseits haben fast alle Opfer keine Schuld, aber Schuldgefühle. In den Untersuchungen über die emotionalen Folgen des Holocausts wird sogar von den „Schuldgefühlen der Überlebenden“ geredet. Fast alle Überlebenden des Holocausts plagen sich mit Schuldgefühlen, dass sie überlebt haben und viele, viele andere nicht.
Auch bei den Opfern sexueller und anderer Gewalt treten häufig Schuldgefühle auf. Rational sind sie nicht zu erklären, denn der Verstand weiß, dass die Täter/innen Täter/innen waren und den Opfern die Gewalt zugefügt haben. Ein wesentliches Kriterium traumatisierender Gewalterfahrungen besteht gerade darin, dass die Opfer ausgeliefert und hilflos waren, dass sie sich nicht wehren konnten, weil die Täter/innen stärker und mächtiger waren. Und doch treten die Schuldgefühle auf. Offenbar ist für den menschlichen Organismus die Fassungslosigkeit von dem, was mit ihnen geschehen ist, nicht auszuhalten. Offenbar versucht der menschliche Organismus, irgendwie ein Stück Selbstverantwortung zu schaffen: „Ich hätte doch …“ „Ich sollte doch …“ „Ich könnte doch …“ „Wäre ich doch …“ Daraus resultieren offenbar die Schuldgefühle.
Die Opfer sexueller und anderer Gewalt müssen immer wieder von anderen hören: „Du bist nicht schuld!“ oder: „Sie tragen keine Schuld. Die Bösen, das waren die anderen!“
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