Die Abstimmung in Irland, Abtreibung und die Würde Teil 2: Abtreibung und die Zeit danach



 

 

Beitrag von Udo Baer und Gabriele Frick-Baer

Wenn Frauen sich für eine Schwangerschaftsunterbrechung entscheiden, hat das für die Frauen Folgen, denen wir in Therapien begegnen. Viele Frauen leiden oft noch Jahre danach und manchmal Jahrzehnte später unter den seelischen Folgen einer Abtreibung. Dieses Leiden ist meist tief vergraben. Auch wenn sich die Frauen für eine Abtreibung entschieden haben und auch im Nachhinein nicht an ihrer Richtigkeit zweifeln, so ist doch jede Abtreibung eine schmerzliche Erfahrung. Sie ist ein schwerer körperlicher und seelischer Eingriff. Eine Frau, die eine Schwangerschaft abgebrochen hat, hat etwas verloren. Ein mögliches Lebewesen. Das tut weh. Da gibt es Schuldgefühle und Traurigkeit, die oft nicht zugelassen werden, da die Abtreibung ja gewollt war und die Frauen dazu stehen. Hier das große UND zuzulassen und sich den Gefühlen, die einer Abtreibung folgen, zu stellen, fällt vielen Frauen verständlicherweise sehr schwer.

Sie schweigen darüber gegenüber anderen und sie versuchen, sich selbst gegenüber zu schweigen. Das gelingt oft lange Zeit, unter großen Qualen, aber selten auf Dauer. Dieses Schweigen ist nicht alle eine Entscheidung dieser Frauen, es ist auch eine Folge des „Alleinseins danach“, des Umstandes, dass die Frauen in der Zeit nach der Abtreibung alleingelassen wurden. Von vielen Männern, von den Familien, von der Gesellschaft.

In vielen Auseinandersetzungen über die Abtreibung wird über die Beratung vor der Entscheidung diskutiert. Sie wird oft eher als Verpflichtung denn als Hilfe empfunden, birgt aber wenigstens die Chance einer seelischen und sozialen Unterstützung. Über die Zeit danach herrscht Schweigen. Da sind die Frauen (auch wieder) allein, da werden sie allein gelassen.

Es ist Zeit, dieses Schweigen zu brechen. Frauen, die abgetrieben haben, brauchen in der Zeit danach Trost und Unterstützung – welche Zeit auch immer darunter verstanden wird: unmittelbar danach, Tage danach, Monate oder Jahre danach. Wann und in welcher Weise, das können nur die Frauen selbst entscheiden. Sie haben ein Recht auf Schweigen. Und sie haben ein Recht auf würdigende Akzeptanz ihrer Entscheidung, die Sicherheit, dass nicht daran gerüttelt wird, dass es die richtige Entscheidung zum Zeitpunkt der Entscheidung war. Sie haben ein Recht auf Verständnis, Mitgefühl und das Angebot des Trostes von Menschen, die sie würdigen und denen sie sich anvertrauen. Nur dann kann die Wunde heilen.

Weitere Artikel dieser Serie: << Die Abstimmung in Irland, Abtreibung und die Würde Teil1

About Udo Baer und Gabriele Frick-Baer

Udo Baer Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Geschäftsführer und Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor Gabriele Frick-Baer Dr. phil. (Erziehungswissenschaften), Diplom-Pädagogin, Kreative Leibtherapeutin AKL, Vorstandsmitglied der Stiftung Würde und wissenschaftliche Leitung der Kreativen Traumahilfe der Stiftung Würde, Kreative Traumatherapeutin, Autorin

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