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- Leiden arabische Frauen weniger? Kultur und Trauma Teil 5: An transkulturellen Erfahrungen anknüpfen!
Bevor man sich mit den Begegnungen zwischen Kulturen auseinandersetzt, ist es sinnvoll, sich zu fragen, was unter „Kultur“ zu verstehen ist. Doch diese Frage ist schwierig zu beantworten, denn der Kulturbegriff ist vielfältig. Das Wort „Kultur“ erscheint in zahllosen Kontexten, z. B. in Wortzusammensetzungen wie Alltagskultur, Diskussionskultur, Esskultur, Fankultur, Firmenkultur, Fußballkultur, Populärkultur, Subkultur und vielen weiteren Zusammensetzungen (z. B. Kulturlandschaft, Kulturtechniken, politische Kultur).
Die Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlichte einen zusammenfassenden Beitrag zum Kulturbegriff, aus dem wir zitieren möchten:
„Das Wort „Kultur“
Das Wort ‚Kultur‘ gehört zu den Begriffen, die in der Gesellschaft sowie den Geistes- und Sozialwissenschaften am häufigsten gebraucht werden. Dennoch bleibt es im alltäglichen Sprachgebrauch meist ohne feste Bestimmung. Im Zuge der Weiterentwicklung der Geistes- zu den Kulturwissenschaften ist zwar eine Hochkonjunktur und ,geradezu triumphale Rückkehr des Kulturbegriffs´ zu beobachten, aber die unterschiedlichen Definitionen dieses Begriffs in verschiedenen Disziplinen haben dazu geführt, dass seine Verwendung zunehmend unübersichtlich geworden ist.
Im Alltag wird das Wort ,Kultur´ in so unterschiedlichen Bedeutungen und Kontexten verwendet, dass es zu einer Bedeutungserweiterung bis hin zu einer Sinnentleerung gekommen ist. Letzteres zeigt sich schon daran, dass ,Kultur´ zu einem idiomatischen Bestandteil zahlloser Komposita geworden ist –
Angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Verwendungsweisen des Wortes ,Kultur´ und der Vielfalt konkurrierender wissenschaftlicher Definitionen erscheint es sinnvoll, statt von einem Kulturbegriff besser von Kulturbegriffen im Plural zu sprechen. Zum einen verstehen unterschiedliche Disziplinen (z.B. die Anthropologie, Ethnologie, Geschichtswissenschaft, Psychologie, Soziologie, Religions- oder Erziehungswissenschaft) jeweils etwas anderes unter dem Begriff ,Kultur´. Zum anderen unterscheidet sich das Verständnis von ,Kultur´ sowohl innerhalb einzelner Disziplinen und der Kulturwissenschaften als auch in unterschiedlichen Gesellschaften und sozialen Gruppen. Dementsprechend groß ist inzwischen die Bedeutungsvielfalt des Kulturbegriffs, die durch das jeweilige Kulturverständnis der Akteure der politischen Bildung (z.B. Kulturstiftung des Bundes/der Länder, Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung) noch vergrößert wird.
Entwicklung des modernen Kulturbegriffs
Bereits die Herkunft des Wortes ,Kultur´, das vom lateinischen ,colere´ (pflegen, urbar machen) bzw. ,cultura´ und ,cultus´ (Landbau, Anbau, Bebauung, Pflege und Veredlung von Ackerboden) abgeleitet ist, also aus der Landwirtschaft stammt, verweist auf einen zentralen Aspekt sämtlicher Kulturbegriffe: Sie bezeichnen das ,vom Menschen Gemachte´ bzw. ,gestaltend Hervorgebrachte´ – im Gegensatz zu dem, was nicht vom Menschen geschaffen, sondern von Natur aus vorhanden ist. Die Entwicklung des modernen Kulturbegriffs ist geprägt durch eine Ausweitung des Bedeutungsfeldes von landwirtschaftlichen Tätigkeiten des Ackerbaus auf ,die pädagogische, wissenschaftliche und künstlerische ‚Pflege‘ der individuellen und sozialen Voraussetzungen des menschlichen Lebens selbst´. Die ursprüngliche, engere Bedeutung, die sich auf Praktiken und Techniken des Landbaus bezog, ist durch metaphorische Erweiterung und Übertragung auf andere Bereiche zum Modell für andere mentale und soziale Formen der Kultivierung einer Gesellschaft geworden: ,Kultur ist die Kunst (ars, téchne), durch welche Gesellschaften ihr Überleben und ihre Entwicklung in einer übermächtigen Natur sichern´.
Im weitesten Sinne meint ,Kultur´ daher die vom Menschen durch die Bearbeitung der Natur mithilfe von planmäßigen Techniken selbst geschaffene Welt der geistigen Güter, materiellen Kunstprodukte und sozialen Einrichtungen. Dieser weite Begriff der Kultur umfasst die Gesamtheit der vom Menschen selbst hervorgebrachten und im Zuge der Sozialisation erworbenen Voraussetzungen sozialen Handelns, d.h. die typischen Arbeits- und Lebensformen, Denk- und Handlungsweisen, Wertvorstellungen und geistigen Lebensäußerungen einer Gemeinschaft.
Die meisten Kulturbegriffe, die gegenwärtig favorisiert werden, rücken einen dieser Aspekte in den Mittelpunkt und bestimmen Kultur z.B. als Text bzw. System symbolischer Formen, als Aufführung oder Ritual, als Kommunikation, als lebensweltliche Praxis, als Standardisierungen des Denkens und Handelns, als mentales Orientierungssystem oder als Gesamtheit von Werten und Normen. Schon 1952 haben Kroeber und Kluckholm 175 verschiedene Definitionen von ,Kultur´ (bzw. vom englischen Wort ,culture´) genannt, und die Zahl hat sich seitdem noch erheblich erhöht.“ Nünning 2009
Was bedeutet diese Annäherung an den Kulturbegriff für die Traumahilfe? Kultur betrifft „Standardisierungen“, „Normen“ und „Werte“. Diese beeinflussen den Umgang mit traumatischen Erfahrungen. Das Traumaerleben jedoch ist ein individuelles Erleben. Die Erfahrung des Traumaereignisses, der Schmerz, das Leid sind individuelle Erfahrungen. Wenn der Traumaprozess in die „Zeit danach“ mündet, werden kulturelle Einflüsse auf die individuellen Erfahrungen wesentlicher. Dazu später mehr.
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