Wird es wieder so wie vorher?

Diese Frage stellen sich viele Menschen, die traumatisiert worden sind. Das trifft unabhängig davon zu, ob sie durch Naturkatastrophen, Verkehrsunfälle oder Gewalt ein Trauma erlitten haben. Viele sehnen sich danach, das, was passiert ist, ungeschehen machen zu können, es aus der biografischen Geschichte auszuradieren, damit wieder alles so wird, wie es einmal war. Ein solches Bestreben ist verständlich, doch es ist leider nicht realistisch. Jede Krise hinterlässt Spuren und ein traumatisches Ereignis ruft eine Krise hervor. Nachwirkungen existenzieller Gefährdungen werden von den betroffenen Menschen außerdem oft zwar betäubt und in den Hintergrund geschoben, können aber auf Dauer nicht ignoriert werden und machen sich immer wieder bemerkbar. Dieser Mechanismus ist nicht angenehm, aber für das Überleben der Menschen sinnvoll, denn er hält dazu an, vorsichtig zu sein und sich nicht wieder in ähnliche Situationen, die existenziell bedrohlich sind, zu begeben.

Das Trauma kann bewältigt und die Folgen können so minimiert werden, dass ein glückliches Leben möglich ist. Bei manchen gelingt dies schneller, bei anderen dauert dies sehr lange. Manche bewältigen die Trauma-Folgen leichter, andere haben große Schwierigkeiten. Die Erfahrung des Traumaerlebens bleibt aber gespeichert. Das kann dazu führen, dass immer wieder einmal ein Aspekt des Trauma-Erlebens angetriggert wird, also wieder lebendig wird. Doch die meisten Betroffenen können dann die Folgen klein halten und die Erinnerung an den Schrecken schnell wieder verblassen lassen, weil sie wissen, was sie brauchen und wo sie Hilfe suchen können. Noch etwas bleibt: die Erfahrung existenzielle Bedrohung des Lebens und der eigenen Lebendigkeit bewältigt zu haben. Diese Erfahrung produziert Kraft, die das weitere Leben fördert. Und diese Erfahrung schafft Wissen darüber, wie solche Bedrohlichkeiten und deren Folgen überwunden werden können. Auch dies kann auf dem weiteren Lebensweg eine sehr wertvolle Unterstützung werden. Ein traumatisches Erleben ist ein Unglück. Doch die meisten betroffenen Menschen können dieses Unglück, diesen Mist in Gold verwandeln. Es wird nicht mehr wie vorher, aber ein glückliches Leben ist möglich und wahrscheinlich. Die Erfahrung der Krisenbewältigung kann darin unterstützen.

About Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Inhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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