Der traumatisierte Machiavelli

Niccolò Machiavelli lebte vor rund 500 Jahren. Sein Name steht dafür, dass Machtpolitik jeder Moral entbehren soll, für Skrupellosigkeit, Täuschungen und Rohheit. Kaum jemand weiß, dass Machiavelli sein wichtigstes Werk in den sechs Monaten verfasste, nachdem er im Gefängnis gefoltert wurde und mehrere Schein-Hinrichtungen überlebt hatte. Er war viele Jahre lang in Florenz politisch tätig gewesen und hatte dadurch die Illusionen verloren, dass hinter den Handlungen der Mächtigen etwas anderes stecken könne als Machtstreben. Doch die Foltererfahrungen scheinen der entscheidende Anstoß gewesen zu sein, um jegliche Hoffnung auf Moral fahren zu lassen. Machiavelli schrieb mit verkrüppelten Händen.

Eine solche Folge traumatisierender Erfahrungen ist ein Weg der scheinbaren Bewältigung. Wer zutiefst inhuman behandelt wurde, mag wie Machiavelli jeden Glauben an Humanität verlieren. Viele Opfer traumatisierender Erfahrungen wählen den Weg, sich entschlossen im Rahmen ihrer Möglichkeiten für Würde und Menschlichkeit einzusetzen. Doch auch den Weg Machiavellis gibt es. Dass er aus der Folter geboren wurde, sollte man wissen.

About Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Inhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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