Die Mutter ist schon lange tot, nun starb auch der Vater. Aus einem eigentlich nebensächlich scheinenden Ereignis entwickelt sich ein schwerer Konflikt der zwei Söhne und der Tochter. Die Freundin des jüngeren Sohnes war zur einem Familientreffen nicht eingeladen worden, der Sohn reagierte gekränkt und vermutete Absicht und so eskalierte der Konflikt. Unklarheiten um das schmale Erbe kamen hinzu. Die Tochter versuchte zu schlichten und fühlte sich von beiden Brüdern nicht ernst genommen…
In einem Treffen mit einer leiborientierten Familientherapeutin wurde deutlich, dass sich jede/r der drei Geschwister abgelehnt fühlte. Bei allen dreien fiel das auf den Boden des Gefühls, sowieso alles falsch zu machen, ja „falsch“ sein. Alle drei hatten dieses Grundgefühl von ihren Eltern vermittelt erhalten, v.a. von der Mutter, die selbst unter extrem niedrigem Selbstwertgefühl litt.
Als deutlich wurde, dass keine/r der Beteiligten erklären konnte, wodurch die Schärfe des Geschwisterkonfliktes entstanden war, entstand in der Therapeutin das Bild eines Geschwister-„Krieges“ und sie fragte nach den Kriegserfahrungen der Eltern. Beide Eltern hatten mehrere traumatische Erfahrungen erleben müssen. Diese hatten ihr Selbstwertgefühl beschädigt und untereinander und gegenüber den Kindern dazu geführt, dass über Gefühle nicht geredet und Konflikte nicht ausgetragen wurden. Die Tochter und ein Sohn hatten um die Anerkennung der Eltern gekämpft, vergeblich. Der andere Sohn hatte früh resigniert.
Die Therapeutin fragte: „Kann es sein, dass Sie untereinander die Kämpfe austragen, die Sie gegen Ihre Eltern nicht wagten oder verloren haben?“
Das war der Durchbruch.
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